Brrrr kalt! Waren unsere ersten Worte bei unserer früh morgentlichen Ankunft in Hanoi, der Hauptstadt Vietnam’s. Temperaturen unter 20 C sind wir anscheinend nicht mehr gewohnt.
Die zwölfstündige Fahrt im Nachtzug von Hue, die frühere Hauptstadt des Landes zur Zeit der Nguyen Dynastie von 1802-1945, nach Hanoi war ein Abenteuer ansich. Obwohl wir den Zug im voraus gebucht haben, gab es keinen Platz mehr für uns in einem Liegewagon. Ausgebuchte Züge, Buse und Flüge sind zu dieser Jahreszeit in Vietnam keine Seltenheit. Hier in Vietnam, wie auch in China, wird nach dem Mondkalendar Neujahr gefeiert. Wie überall auf der Welt werden die wichtigsten Feiertage im engen Familienkreis verbracht. Das heisst viele der Vietnamesen machen sich auf die Reise in ihre Heimatdörfer oder -städte. Es ist fast wie eine Massenmigration!
Wir waren also mittens im Geschehen der Neujahrsfeierlichkeiten und uns blieb nichts anderes übrig als einen der wenigen noch übrigen Sitzplätze im Nachtzug nach Hanoi zu buchen. Auch wenn wir viel lieber in einem Liegewagon untergekommen wären, konnten wir uns nicht wirklich über unsere weichen Sitze beklagen. Unser Wagon war überbucht und einige der Passagiere mussten die gesamte Zugfahrt auf Mini-Plastikhockern ausharren. Es war mir ein Rätsel wie einige von ihnen sogar in dieser Position schlafen konnten.
Der wohl attraktivste Stadtteil in Hanoi ist die Altstadt, oder auch 36-Gassen-Viertel gennant. Es ist auch heute noch das kunsthandwerkliche Zentrum der Stadt. Im 15. Jahrhundert liessen sich hier verschiedenste Handwerker und Händler nieder um ihre Produkte, wie Schmuck, Holz, Seide usw. an den Mann/ die Frau zu bringen. Und noch heute sind diese engen Gassen voll von Geschäften und Märkten, wo man von Souvenirs, Schmuck, Kleidung, bis frische Fische, Kröten und Hundefleisch alles findet. Dazwischen verstreut findet man zahlreiche Cafes und Stände die die traditionelle vietnamesische Reisnudelsuppe “Pho” servieren. Ein heisser Tipp fur die Kaffeeliebhaber unter euch: “Eier-Kaffee”. Man nehme Kaffee mit geschlagenem Eierdotter, etwas (viel) Zucker, Vanille und voala Hanoi’s Kaffeespezialität ist zubereitet. Echt empfehlenswert!
Während unserer Zeit in Hanoi waren die Vorbereitungen für das Neujahrsfest “Tet” im Endspurt. Es ist der wichtigste Feiertag im ganzen Jahr, was offensichtlich wird, wenn man die pompösen (vor allem roten) Dekorationen in der Stadt und die traditionellen Kleider der Einheimischen betrachtet. Es war eine besondere Erfahrung diese Feierstimmung mitzuerleben. Aber das Beste daran war, dass wir die Tage in guter Gesellschaft verbracht haben. Ein Freund, den ich schon seit dreizehn Jahren nicht mehr gesehen habe, war auch gerade zu der Zeit in Hanoi. Ich kenne James von meiner Zeit in Wales, als ich dort mein Sommerpraktikum gemacht habe. Wer hätte gedacht, dass wir uns hier in Vietnam nach so langer Zeit wieder begegnen. Den Silvesterabend haben wir in guter Gesellschaft verbracht!
Gemeinsam sind wir also aus der Stadt aufgebrochen, um einen Ausflug in Richtung Küste zu machen. Unser Ziel war Bai Tu Long Bay. Diese Bucht ist dem viel bekannteren Halong Bay sehr ähnlich, steht aber nicht unter dem UNESCO Kulturerbe. Wir haben uns für diese Bucht entschieden, da wir den Touristenmassen in Ha Long Bay entkommen wollten.
Auf unserer Bootsfahrt, wo es weit und breit keine anderen Touristenboote gab, kam es uns vor, als hätten wir die Bucht, versähen mit kleinen und bergigen Inseln, für uns alleine. Unser Ziel war die Insel Quan Lan, eine dünn besiedelte Insel mit wunderschönen und menschenleeren Stränden. Nur die Meerestemperaturen hatten etwas wärmer sein können für unseren Geschmack. Dank unserer Reiseführerin LyLy, die meinte das Wasser hätte 20 C, haben wir uns ins Wasser getraut. Ihre Schätzung hat sich als “leichte” Übertreibung herausgestellt. Nach der kurzen Abkühlung im Meer haben wir uns auf den Sattel unserer Räder geschwungen und sind in Richtung Dorf geradelt.
Bei unserer Gastfamilie auf der Insel durften wir uns dann beim Abendessen nützlich machen. Vietnamesische Frühlingsrollen standen auf dem Speiseplan. Eingewickelt in Reispapier, gefüllt mit Glasnudeln, Eier, Karotten, Jungzwiebel und Pilzen und dann im Wok gebraten. Man kann Vietnam nicht verlassen, ohne diese Spezialität probiert zu haben.
Den Abend liesen wir ausklingen mit sehr beliebten Aktivitäten hier in Vietnam. Es ist nicht, so wie wir vermuteten, traditioneller Gesang und Tanz. Die Einheimischen schalten viel lieber ihre Karaokemaschine ein und singen zu modernen vietnamesichen Popsongs und Diskomusik. Und wer nicht unbedingt den Mut hat vor anderen zu singen, dem wird gleich der hauseigene “Reiswein”, auch “Happy Water” genannt, serviert. Da bekommt man die Chance mit den Einheimischen anzustossen und einige wichtige vietnamische Wörter zu lernen. Das wohl wichtigste Wort is “Prost” was auf vietnamesisch “Mot, Hai, Ba, Yo” ist und was so viel heisst wie “1, 2, 3”. Wer diese Phrase gemeistert hat, wird auch gleich von den Einheimischen in ihren Kreisen wilkommen geheissen.